8. Mein Weg hinaus - Spuren...  
 

Lange Zeit fühlte ich mich in diesem "System" "richtig"…

Habe „gesalbten“ Führern vertraut, mich dadurch klein gemacht und bin zum formbaren Werkzeug des religiösen Systems geworden. 

Doch dann begann ein Prozess...

Kritische Gedanken machten mir große Angst. Trotzdem sprach ich sie vorsichtig aus.

Dann kam großer Widerstand von „Geschwistern“. Das tat und tut immer noch sehr weh.

Ich fühlte mich erpresst: Entweder mache ich stumm weiter mit oder verlasse die Gruppe, bin „anathema“.

Hatte große Angst, wirklich unter einem Fluch zu stehen.

Bodenlose Angst, ins Nichts zu fallen.

Innen wächst eine Entschlossenheit, den Weg der Trennung gehen zu müssen. Es tut sehr weh und ich habe große Angst, aber innen drängt eine Kraft, diesen Schritt zu tun.

Ich weiß, dass ich vieles nicht verstehe und es auch falsch sein kann - aber ich muss dem, was mir Wahrheit erscheint, treu bleiben, auch wenn andere mich verurteilen und sich abwenden.

Entscheidung, der Aussage des Neuen Testaments zu glauben, dass Jesus Christus auch zu mir persönlich sprechen kann und will (z.B. Johannes 10.16) und nicht nur durch die geistlichen Führer des Systems.

Erkenntnis, dass ich nicht nur Menschen vertrauen und folgen kann, sondern ein inneres Ja dazu brauche. Dies wird mir wichtiger als die geliebte Gruppe mit ihrer Geborgenheit, die nur da ist, solange man anstandslos alles mitmacht.

Irgendwann spüre ich die Kraft, den Schritt der Trennung zu gehen.

Es tut immer noch sehr weh, aber ich sterbe nicht daran.

In mir kämpft der Wunsch, in die Geborgenheit der Gruppe zurückzukehren. Aber der Preis, mich dabei selbst zu verlieren, ist zu hoch.

Einsamkeitsgefühle: Die Tür zur Gruppe ist verschlossen, die Außenwelt ist sehr fremd geworden. Große Angst.

Innerlich verwirrt. Ich weiß nicht, an wen ich mich wenden soll, kann keinem erzählen, was in mir vorgeht. Würde mich jemand verstehen oder mich doch wieder verurteilen?

Allein. Lese viel in der Bibel, prüfe Predigt-Aufzeichnungen, Audios und Videos. Stelle Fragen und lese neu nach.

Lese theologische und ideologische Artikel anderer Konfessionen, Religionen und Weltanschauungen. Traue mich endlich, kritisch zu denken.

Recherchiere Aussteiger-Berichte, erkenne mich wieder, vergleiche Aussagen mit der Bibel, bete.

Übe, mich wieder in der Außenwelt zurecht zu finden.

Langsam wird der Schmerz der Einsamkeit erträglicher, das Gefühl der Verwirrung schwächer. Das Vertrauen zu Menschen der Außenwelt wächst etwas. Aber ich traue mich nicht, darüber zu reden.

Mehrere Jahre dauert es, bis ich das Gefühl habe, wieder zur Außenwelt dazu zu gehören. 

Langsam wächst in mir eine Wut auf das System, in das ich verstrickt war.

Es schwanken Gefühle der Scham, Trauer, Wut, Erschöpfung.

 

Fragen kommen auf:

Wieso konnte ich in diese religiöse Gruppe rein geraten?

Habe ich mich selbst verführt? Hat mich jemand anderes verführt?

Wie konnte das geschehen? Habe ich nicht richtig aufgepasst? 

Was ist eigentlich passiert?

Ich will nicht, dass das noch mal passiert.

Viel investiert: Zeit, Kraft, Geld…. und mehr

Verzichtet: auf Zeit mit Freunden und Familie, berufliches Fortkommen, Hobbies….

Umsonst? Vergeudet?

Aber ich hatte doch auch was davon, oder?

Habe versucht, andere mit hineinzuziehen.

Habe mich stolz, überlegen gefühlt, kam mir sehr geistlich vor.

War albern, kindisch, arrogant, selbstbezogen und unkritisch.

Leichtgläubig?

Schuld? Auch Opfer?

Betroffener - Überlebender - immer noch im Prozess...

 

Jesus Christus -

Wo warst du?

Wo bist du?

Bist du?

Ich hoffe:

Du bist